HUNDERT HAIKU
TEIL ZWEI
1972-1974
VON
THEO TAMMES
Dies ist eine Sammlung von kurzen Gedichte, Haiku genannt.
Zum ersten mal herausgegeben in 1975, von mir selbst.
Jetzt herausgegeben von
Riverhouse Publishers
Portugal
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THEO TAMMES
Casa Azul
Porto do Paul
Pernes
2000-500
Portugal
email theotammes @gmail.com
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website http://dragonsandbirds.freehomepage.com/
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Haiku ist eine Japanische Dichtform,
wobei man versucht, in einem Rhythmus von siebzehn Silben eine außergewöhnliche Wahrnehmung oder Gedankengang wieder zu geben.
Ursprünglich gilt der Rhythmus 5-7-5 Silben, da aber meine Gedichten jedoch meistens Übersetzungen aus dem Holländischen sind, war es nicht immer möglich die Regel zu befolgen.
Die Hauptsache ist jedoch, dass man sich kurz fasst, seine Wahrnehmungen deutlich umschreibt.
Ich glaube, das ist mir einigermaßen gelungen.
Theo Tammes, Kapfenberg
Österreich
1975
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erst wenn mein Leben
mit dein Leben zusammenfließt
bin ich zufrieden
sag, schöner Blume,
wann wirst du so schon an
meine Zweigen blühen?
Rauch wirbelt aufwärts,
oder Fall´ ich ganz tief, mit
meinem wirren Kopf?
Reife Nacht, mit
Getöse ist sie in meinem Schoss
kaputt gefallen 4
manchmal endet ein
Haus bewohnen unerwartet,
- wo ist platz für mich?
einen Augenblick
erschrak ich, doch lange hielt
mein Herzklopfen an
fröhlich fahrt durch Nacht
und Nebel das Totenschiff,
mit weißem Segeln
auf meiner Reise
finde, ich bei einem guten
Freund immer Obdach 5
das Volk ist dumm
die Regierung blöde
und das Recht immer krumm
noch in der Mondnacht
wurde ich plötzlich krank, wo
war die Geliebte?
Gehend geh´ ich und
kommend komm´ ich, aber meistens
komm´ ich gehend
zwinkernd gegen das
helle Licht, erschrak ich von
meiner eigenen Schatten 6
Eisblumen blühen
an den Fenstern- mit der Kälte
sind sie gekommen
Eisblumen blühten
an den Fenstern- mit der Kälte
sind sie verschwunden
über den Häusern
sah ich den Wintermond, fast
war er ganz rund
gerade Gleis neben Gleis
eine weile, danach Gleis neben
Straße, Wald ringsum 7
wo wartet weite
Ebene, wo Luft lacht um
Wind, Wasser und Licht?
Das Ordnen von
siebzehn Silben zu
einem Gedicht, bah!
Erzähl mir nicht von
den Stunden die ich früher
erlebte als du
zurück zum Brunnen
- dort ist das Wasser immer
sauber und ganz klar 8
tagsüber träumst du,
daß du munter bist, Nachts träumst
du, daß du schläfst
eine plötzliche
Begegnung mit Leute aus
deiner Vergangenheit
ein warmer, langer
Spaziergang- durch blühendes
Frühlingsland, und Ruh´!
Über uns, am
Himmel, gehen und kommen
endlos die Wolken 9
ein kleines bisschen
scheint der junge Wintermond
vielleicht auch für mich
von plötzlichen Schmerz
zuckte ich zusammen, doch
ging ich weiter, krumm
an diesem Abend
voller Schmerz traf ich keinen
Freund, ich kam von weitem
nach diesen Schmerzen
tiefer Müdigkeit, aber
wer sorgt den für mich? 10
die vergessene Ruh´
zurück zu finden, such ich-
Frühling kommt langsam
drohender Regen
- strömen in der Finsternis
Tropfen nach oben?
Grüne Fieberaugen
- in zögernden Frühling
wird die Sonne heiß
warum doch diese
kalte Fahrt, um zurück nach
Hause zu gehen? 11
gefroren Nebel
an der Innenseite vom
Zelt- wie kalt es war!
Weshalb bist du so
froh, Vögelein im Garten
- nun´s Abend wird?
Ruhig legt sich die
Nacht zum schlafen, wie der Hund
- die Sterne wachen
kräftig weht der Wind
rundum die schönen Hügel
- worauf warten wir? 12
da Winter vorbei
gegangen ist, wart´ ich auf den
warmen Sommermond
der Wind blast mir ins
Genick, höre doch: vorbei
ziehender Frühling
was wachst da doch so
langsam zwischen uns, ohne
Worte- vielleicht Liebe?
Wieder ist so viel
vorbei gegangen, war ich
dabei- immer schon? 13
keine Spuren auf
dem Wasser hinterlasst du
- wohin weht der Wind?
Nicht mit Worten zu
fangen ist dies: du, ich, er
- erneut versuchen!
Was kommen muss kommt
und doch das Warten, wann kommst
du denn endlich?
stilles Wohnzimmer
- bei Geräuschen von weit weg
sitz´ ich und dichte 14
nicht das Wissen und
nicht das Nichtwissen ist eine
Antwort auf keine Frage
für dich, der dies liest,
ist dies geschrieben, schon so
lange her, so kurz
Still jetzt meine Bäume
ich hör´uralten Gesang
aus tiefem Brunnen
so lieb lächelst du
mir zu, kleiner Mond- von den
Sternen umschlossen 15
schweige jetzt, lass doch
das Meer ruhig fließen, lass
die Berge träumen
lange liegst du schon
hier, stiller Abhang- aber
heute, sag ich dir Grüßgott
genug jetzt, auch du
darfst schlafen gehen, Bleistift-
und treues Papier
wonach suche ich
- vielleicht danach, was alle
Leuten suchen? 16
weit bist du von mir
gegangen, beim Besuchen
bist du nicht dir selbst
sich bekreuzigen an
einem Kreuz, Wasser waschen,
Sand scheuern- so ein Land!
Deine Buchstaben
geben, aller Sprache sprechen
- wie schwierig es ist!
Glücklich kannst du die
Menschen froh machen, und oft
auch helfen 17
schreibe Weisheit aufs
Papier, irgendwann wird´s als
Abfall gesehen
wo es jetzt regnet
such ich die Ruhe einer
guten Schutzhütte
von diesem Abschied
bis zum nächsten, sind wir
immer unterwegs..........
manchmal werde ich
so krank von all, diese kranken
Leute ringsherum 18
wie eines der Blätter
fielst du, mich mit meinem Schmerz
alleine lassend
die dumme Vogel
pfeifen in der Nacht- während
sie schlafen sollten
wenn nötig ist das Sein
möglich mehr als Geist und
Seele und Körper
die Stille vom nicht
mehr Sein brachtest du mir, noch
einsamer wurd´ ich 19
Geistiger Liebe
- wie schon sie auch ist- kann nicht
ohne Körper sein
einfach zu wissen
dass es dich gibt sollte doch
genug sein- träum´ ich?
Manchmal scheint es mir
besser, alle Verpflichtungen
zu vergessen
manchmal ist es besser
alle Leute für sich selbst
sorgen zu lassen 20
manchmal muss man nur
noch sein, um Kraft zu haben
- Morgen.......
manchmal muß das sein
sonst ist man vor seiner Zeit
vielleicht ausgedient
lauter und leiser
- fast Schläfern mich rauschende
Bäume ganz ein!
Oben in dem Baum
hatte ich plötzlich Angst,
hinunter zu fallen 21
kurz nur sah ich den
plätschernden Springbrunnen, eben
vor Sonnenuntergang
der Wahnsinn der
Perfektion besteht darin, dass
sie nie erreicht wird
pfeifend fliegen durch
den Regen Vögel über
der grüne Erde
nicht zufrieden mit
hier zu sein, möcht´ich weiter
- wohin fuhrt mein Weg? 22
ganz stille zu sein
bei soviel Geistesblüten
- dicht´ nur, Geliebter
Wind tragt das Rauschen
der Wellen und Bäume, der
Regen rauscht selbst
jetzt denn Schlafen, die
Nacht deckt uns mit ihrem
schwarzen Mantel zu
von Nichts bis Vollmond
in nur einem Abend, das
ist wohl äußerst fremd! 23
ach Körper, gehör
ich zu dir, ist dies nicht
ein großer Irrtum?
Auch hinter Gitter
wachsen Blumen, aber die
sehen nur Wenige
alles ändert sich,
dennoch regnet der Regen
wie immer, hörst du?
Die Erde trägt mich
und ich trag ihre nie müde
werdende Fliegen 24
zufrieden mit seiner
leuchtende Arbeit, gibt der Mond
seinen Platz der Sonne
soviel ist das gar
nicht gefragt, nur ein Sternchen
haben zu wollen!
Verzauberte Nacht
wie viel Träume hast du
Jedem gebracht?
Reich zu sein
erscheint so fein
aber des Menschen Herz ist viel zu klein
um zu verstehen, das Geld ist wie Wein 25
nur noch schweigen bei
der unerwarteten Not,
und das Leid tragen
so krank werden von
jemanden, der doch in deiner
Nähe kommt, Wahnsinn!
Das ist kein Spass den
ich mache, das ist bittere
Wirklichkeit, und wie!
Sanfter Wind, leise singst
du von glücklicher Ferne
- weil ich einsam bin 26
es gibt auf dieser
Welt sehr miese Leute, sie
machen mich so krank!
Servus! Kleiner Mond,
du spielst „Fang mich doch“ mit
Sommernachtwolken
deck´ mich mit deinem
schwarzen Mantel zu, Tod- ich
such zu vergessen
unter den Wellen
endlich Ruhe finden
-lächelndes Sterben 27
die Beherrschung des
Lebens nennen wir, in
Unwissenheit, Tod
nicht mehr erwachen
aus dunkler Finsternis,
für immer Schlafen
dein Lächeln ist wie
Sonne im Wasser meines Herzens
- darin ertrinken!
Langsam reiht der Wind
die Wellen aneinander-
Teppich von Wasser! 28