HUNDERT HAIKU
TEIL DREI
1974-1976
VON
THEO TAMMES
Dies ist eine Sammlung von kurzen Gedichte, Haiku genannt.
Zum ersten mal herausgegeben in 1975, von mir selbst.
Jetzt herausgegeben von
Riverhouse Publishers
Portugal
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Copyright by
THEO TAMMES
Casa Azul
Porto do Paul
Pernes
2000-500
Portugal
email theotammes @gmail.com
website http://theotammes.yolasite.com/
website http://dragonsandbirds.freehomepage.com/
1
Haiku ist eine Japanische Dichtform,
wobei man versucht, in einem Rhythmus von siebzehn Silben eine außergewöhnliche Wahrnehmung oder Gedankengang wieder zu geben.
Ursprünglich gilt der Rhythmus 5-7-5 Silben, da aber meine Gedichten jedoch meistens Übersetzungen aus dem Holländischen sind, war es nicht immer möglich die Regel zu befolgen.
Die Hauptsache ist jedoch, dass man sich kurz fasst, seine Wahrnehmungen deutlich umschreibt.
Ich glaube, das ist mir einigermaßen gelungen.
Theo Tammes, Kapfenberg
Österreich
1976
2
keiner wird so alt
wie das Meer, und keiner wird
so viel erleben
kurz begleitete
mich der Sommerwind, dann
wieder Sommerhitze
als ich schlief kamst du,
in der Nacht- sanft bist
du wieder gegangen
rauschen in der Nacht
sanft die Bäume, rauschen in
dem Sommernachtswind 3
einsam werkelt ein
Käferchen herum, wie klein
ist seine Welt- wie groß
dein Lächeln sowie
deine Lippen- daß ist nur
für meine Augen!
Papier flattert im
Wind, und mein Geist flattert
hinterher, schau doch!
Und du allein beim
Ofen, zuhause, im Regen
- hier gibt´s – Schönwetter 4
zögernd sagte sie,
dass der Kaffee aus sei, und
ich lächelte zurück!
Strömen Ströme von
Wasser- stürmen Stürme von
Luft, strömen Stürme
tausend Gedichte
will ich für dich schreiben, für deine
Stimme und Lachen
tausend Gedichte
will ich ruf dich schreiben, für
wenn du weinst und lachst 5
tausend Gedichte
will ich ruf dich schreiben, für
deinen Abend und Nacht
tausend Gedichte
will ich für dich schreiben, zuvor
ich sage, Chiao
die Tageshitze
wird zugedeckt durch die
Kühle der Nacht
von Wiedersehen bis Nie mehr-
wiedersehen sind nur sieben
Buchstaben, und nie mehr 6
der Wind legte sich
-faul - schlafen, im Schatten
dieser Sommerhitze
die kühle Erde
wartet auf mich und ich wart´
auf die kühle Erde
leise rührt sich noch
das Verlangen nach dir, es
wird aber weniger
lass mich jetzt allein
sein, um beim Abschied den
Schmerz zu verhindern 7
du sprachst: es wächst etwas
Schönes zwischen uns, aber
du bist schon so Reich
langsam leer werden
alles hinterlassen, ach
diesen blöden Buddha
zwei Tassen Kaffee
trinken, eine Zigarette
rauchen, normal tun
meine Lieder fürs
leere Zimmer spielen- ganz
leise der Beifall 8
für dich ein Gedicht
schreiben, nein, dass gelingt nicht-
Entschuldigung!
Langsam breitet sich
mein innerliche Nebel
nach außen, zu dir
lass dich tragen von
dem Wind, der sich tragen läßt
- Ruhe wird einziehen
fünf Fuß tief unter
dem grünen Rasen, ist es
dort wirklich so ruhig? 9
wir plauderten etwas
und tranken ein Bier, schlimmer
wurde mein Kopfweh
ohne Zweck Sachen
machen tut man nicht, deshalb
mach´ ich so wenig
du brauchst es nicht zu
verstehen, aber du könntest
es schon Spüren............
auf dem Grabstein ein
Namen - im Holzsarg drunten
- eine Leere 10
nur noch allein sein
trostlos allein sein, und gar
nichts mehr erwarten
lass es nur kommen
es macht schon, laß dich gehen
- treibe mit dem Strom
deine Wellen mag
ich, und dein salziger Wind
riecht herrlich – darum........
wieder kommt der Herbst
wieder ist ein Jahr vorbei
- wieder meine Sehnsucht 11
graue Luft über
grauen Häusern – graue
Wörter, graues Papier
sicher weiß dieser
Vogel auch was Hunger ist,
aber wie er fliegt!
So spät abends noch
mal nachdenken und dichten
-während Musik spielt
nicht allein, aber
doch einsam, einen seltsamen
Weg geht die Liebe 12
auch an dich denke
ich jetzt, in deiner Zelle
wartest du wie stets
unterm Himmel ist
so mancherlei, daß wir nicht
verstehen können
immer möchten wir
das Unmögliche und wir
leiden darunter
still schlummerndes Blatt
-so grün- mochte noch nicht
mitmachen beim Herbst 13
eine kalte Unrast
mich zum Ende führen lassen
- ganz alleine?
Leise spielen im
Herbstwind Blätter, rascheln hin
und her, hin und her
Reisender bin ich
-ungefragt- wie viele Nächte,
wie viele Orte noch?
Immer sterben die
Falschen früher als der Rest,
das ist das Elend! 14
wer war denn doch
für uns alle gestorben,
wer war es denn doch?
Ein paar Tage still
und friedlich verbringen auf
einem Bauernhof
und die Vögelein
spielen, singen, als ob es
nie regnen würde
durch mein Fenster
sehe ich Bäume, die auch nicht schlafen
können- Vollmond 15
wir leben in einem
Übergang zur Neuzeit,
bringt Schwierigkeit
mein Wasser über
Gottes Acker, und Gottes Wasser
über meine Acker
ein bißchen meinem
Bart pflücken, und nicht soviel
denken, anfangen........
wartet nun wieder
alleine sein, Isolation,
versuch´ ich es doch? 16
eine Frau wie ein
Engel- melodischer Friede
- für sie so normal
das Glühen meiner
Zigarette im Finsteren
- wieder bin ich allein
zwinkernde Sternchen
durch den Wiederschein meiner
hellen Autolampen
das Unendliche
zu erreichen ist- glaube ich-
mein Lebensziel 17
Ohrenbetäubende
Musik- ein Keller voller
junger Leute- Lustig?
Oder meinst du das
du glücklich sein kannst in so
einer Welt, glaubst du?
Wenn man zweifelt kann
man immer nachfragen, nur
- bei wem überhaupt?
Herumdrehen, immer
nur herumdrehen, um dich
selbst- näher kommen? 18
Morgens Melken,
Abends Melken, so gehen
Mensch und Tier zusammen
die Sonne geht unter
der Tag geht vorbei, nachher
geht die Natur schlafen
so´n kleiner Floh denkt
daß er nur tauscht, Blut für
Säure und Juckreiz
Zeilen voller Regeln
voller Wörter- voller Buchstaben
Regeln........ 19
goldener September-
sonne scheint in den glucksender
Bach, und ich höre!
O Wasser, immer
fließt du zurück in das Meer
- und singst vor Freude
komm, singt das Meer- komm´,
winken die Wellen- ich komm´,
singt tanzend Wasser
die Schwerkraft sagt:
langsam oder schnell, alles muß
nach unten fließen 20
o hohe Bergen
wie tief eure Wurzeln gehen
- wie groß ihr seid!
Wo ich so müde
bin, dichte ich ein bisschen,
mit meinem Kopf auf dem Tisch
Fragen
Was ist eine Welt ohne Dichter?
Was ist ein Dichter ohne Welt?
Wie viele Wörter
verlieren sich, bläst der Wind
vor sich hin, so viel...... 21
kleine Geister sind
Gift für große Geister,
tödliches Gift
all seiner Weisheit
hilft den Weisen nichts, wenn er
mit Leute umgehen muss
stilles Wörtermeer
wartet tief in mir drinnen,
auf die nächste Flut
die Kerze am Tisch brennt
meine Pfeife brennt, und die
Liebe in mir brennt...... 22
zwei Hunde spielen
in dem Park, sie können nicht
lesen „Verboten....“
still stehen Sterne
an meinem Himmel, keiner kann
mir die wegnehmen
o Menschen, warum
soll ich immer Antwort auf
deine Fragen wissen?
Der Tag fangt an, wenn
die Geiß gemolken ist und
die Hühner gefüttert 23
das wirklich Schöne
kann, wie das wirklich Schlechte
nicht mit Wörtern gesagt werden
Feuerschattenspiel
am Plafond im finsterem
Zimmer- Morgen wieder?
Dein Atem neben
mir, was hab´ich gewonnen,
was verloren?
Der Hund schläft auf der
Couch, und nicht auf seinem Polster
- alter Gewohnheit 24
das Licht der Kerze
in dieser Winternacht, ich
rauche schweigend
Schnee auf den Feldern
- Wolken am Himmel, seit
dem letzten Vollmond.
Im nassen Gras sitzt
der Feuersalamander,
und wartet, auf mich?
Drei Rehe, kurz vor
dem Schild: „Achtung, Wildwechsel“
- wie wir erschraken! 25
Über das Wasser
vom Fluss spazieren- dann muß
es wohl Winter sein
der Dichter dichtet
wieder, aus lang verschlossenem Brunnen,
der jetzt überfließt
ich bin nur ein blödes
Poetchen, zu gefühlvoll
für diese Welt
soviel Bosheit und
Mißverstehen zwischen uns,
nach so langer Zeit 26
am Herd kocht leise
der Kaffee, und du bist weg
-du verwundest mich
man muß soviel tun
es soll soviel geschehen
es gibt soviel Zeit
Ich erwarte die Zukunft nicht
er kommt
ungefragt
unbemerkt
trägt er die Vergangenheit heran
wir sind Unterwegs
wir kommen von Irgendwo
wir gehen wohin 27
ich lasse diese
Seite weiter weiß, das passt
so schön zum Schnee, draußen
28
zusammen rutschen
wir über den verschneiten Weg
- das Auto und ich
das Wasser rauscht, von
wo kam es, wohin geht es
warum höre ich es?
Dunkel strömt der Bach
dunkel wird der Tag- Morgen
wird´s dann wieder hell?
29